Noch immer sitzen 49 Männer und Frauen aus Deutschland, Italien, Irland, Neuseeland, Österreich, Schweden, Slowakei und USA in den
Gefängnissen der Regierung Berlusconi. Seit ihrer Festnahme kümmert sich eine internationale Gruppe bestehend aus FreundInnen und Angehörigen
um das Schicksal der Gefangenen. Sie helfen Eltern und Verwandten bei Kontakten zu AnwältInnen, beraten bei Besuchsbewilligungs-Gesuchen,
prangern die haltlosen Vorwürfe der italienischen Behörden an und machen Öffentlichkeitsarbeit für die Gefangenen.
Die Situation der Gefangenen der Regierung Berlusconi (Genua-G8)
Update des EA-Milano
(ab jetzt mit neuer Nummer: 0039 338 639 18 58, eamilano@email.com)
5.8.2001
Noch immer gibt es 49 Gefangene, die in den Gefaengnissen Alessandria,
Marassi, Voghera, Ponte Decimo und Pavia sitzen.
In Pavia sitzt eventuell ein einzelner Gefangener, die anderen Gefangenen
sind in groesseren Gruppen in den Knaesten, in den meisten Faellen haben
sie auch die Moeglichkeit, Kontakt miteinander aufzunehmen.
Besuche:
Soweit wir den Ueberblick haben, sind mittlerweile 39 Gefangene besucht
worden, zehn hatten noch gar keinen Besuch. Die Besuchstermine werden sehr
willkuerlich verteilt, die Wartezeit betraegt zwischen einem Tag und einer
Woche. Eltern konnten teilweise eine Besuchserlaubnis fuer mehrere Tage
hintereinander erhalten, allerdings lange nicht alle, auch hier ist die
Vergabe sehr willkuerlich. Jeder U-Haft Gefangene kann eigentlich nur 4
Besuche pro Monat (ein Besuch = max.3 Erwachsene+1Baby fuer eine Stunde)
empfangen, plus einen "Extra"-Besuch im Monat (theoretisch).
Haftbedingungen:
Telefonieren ist in allen Knaesten so gut wie unmoeglich,von den Frauen
in Pontedecimo ist bekannt,dass sie es geschafft haben,ein paar mal abends
zu telefonieren,ist natuerlich immer wieder mit Kampf verbunden. Konten,
auf die Geld eingezahlt werden kann, gibt es in allen Knaesten. Es ist
moeglich, in alle Knaeste Briefe und Telegramme zu schicken, wahrscheinlich
kommen auch Paeckchen an. Faxe kommen eher nicht an,ausser in Marassi,dort
schon.
Es gibt Knaeste, in denen die Bedingungen relativ gut sind, im Gegensatz
zu den anderen, in Alessandria soll es relativ locker sein, die Besucher
konnten Essen, Klamotten, z.T. auch Buecher mit in den Knast bringen. Es
ist sogar moeglich, Beutel mit Sachen und Geld abzugeben, ohne besuchen
zu gehen, das ist sehr gut denn die Besuchsanzahl ist begrenzt. Ausserdem
solidarisieren sich die anderen Gefangenen sehr stark mit denen, die waehrend
des G8-Gipfels festgenommen wurden. Die Leute sitzen in 2er Zellen zusammen
aber sind alle auf dem selben Gang untergebracht und sehen sich alle regelmaessig.
Die Stimmung in Alessandria ist - den Umstaenden entsprechend - gut, vor
allem nach der Soli-Demo vor dem Knast.
In Ponte Decimo scheinen die Bedingungen auch relativ o.k. zu sein.
Die Frauen duerfen sich ihr eigenes Essen kochen, haben sogar einen Kassettenrecorder
und Musik (schickt Tapes!), es duerfen Klamotten, Taschenbuecher, frisches
Obst und Raetselhefte mitgebracht werden. Suessigkeiten, Briefmarken, Zahnpasta
und Spielkarten kommen nicht rein. Die Gefangenen haben ein Konto, auf
das bei Besuchen eingezahlt werden kann, von diesem Geld kann dann im Knastshop
eingekauft werden. Sachen, die es im Knastshop gibt, duerfen nicht von
Besuchern mitgebracht werden.Allerdings geht's den Maennern schon wieder
anders.Z.B.wird ihnen der Hofgang oft verweigert und auch sonst war der
Eindruck schlechter als der der Frauen.
Voghera ist einer der Knaeste, in denen es den Gefangenen ziemlich
beschissen geht. Die Frauen, die in Voghera inhaftiert sind, sind vollkommen
von allen anderen Gefangenen isoliert, weil Voghera eigentlich ein Maennerknast
ist und die Gefangenen sich sozusagen in einem Knast im Knast befinden.
Wohl u.a. dadurch entsteht die merkwuerdige Situation, dass die Aufseherinnen,
die selbst von den maennlichen Aufsehern doof angemacht werden, sich mit
den gefangenen Frauen auf eine Art solidarisieren. Die Besuchsregeln sind
sehr viel strenger als in Ponte Decimo oder Alessandria. Essen mitzubringen
hat bisher nicht geklappt.
In Marassi ist es ebenfalls ziemlich beschissen, Lebensmittel und Buecher
kommen zwar rein, aber die Waerter behandeln die Gefangenen scheisse und
die ganze Knastatmosphaere wirkt insgesamt noch repressiver und bedrohlicher
als bei anderen Knaesten. Inzwischen hat es sich gebessert (die Besuche
von Offiziellen haben sich bisher auffallend auf die Umstaende und die
Behandlung der Inhaftierten ausgewirkt!),aber die "kleinen" Schikanen bleiben.So
z.B. wird oft die Dusche und/oder der Hofgang verweigert,b.z.w.liegen die
Besuchszeiten waehrend des Hofganges,also entweder Hofgang oder BesuchÖWenigstens
zeigen sich die Mitgefangenen auch hier solidarisch.
In Pavia sah es aehnlich beschissen aus, nicht zuletzt wohl auch deswegen,
weil es ein spezieller Hochsicherheitsknast ist. Wegen der anstehenden
Haftpruefungstermine sind die ganzen G8- Inhaftierten (bei einem ist es
noch unklar) mittlerweile allerdings nach Marassi umverlegt worden.
In allen Knaesten ist es auch ein Problem mit veganem und z.T.auch vegetarischem
Essen.Das koennten die jeweiligen angeblich durch Beantragung auf laengere
Sicht aendern (z.B. aerztliche Atteste vom Knastarzt),aber jede Forderung
ist immer wieder ein Krampf und Kampf,vor allem wenn die Waerter Arschloecher
sind, wie meistens.Besonders schwierig ist die Unterstuetzung hier natuerlich
dort,wo's nicht moeglich ist,Essen mitreinzugeben.
Jeder Knast hat seine eigenen (Besuchs-)Regelungen
Adresse
Telefon/Fax
(Vorwahl 0039)
Besonderheiten
PONTEDECIMO
Casa circondariale
Via Coni Zugna 33
16164 Genova
Tel 010 784 320
Fax 010 784 323
9.00-11.30Uhr
13.00-15.00 Uhr
(laut RA 8.00-17.00Uhr)
MARASSI
Casa Circondariale di Marassi
Piazzale di Marassi Nr. 2
16139 Genova
Tel 01084051
Fax 0108461090
Faxe gehen rein
jede Woche Mo-Sa
8.00-10.30Uhr
12.30-14.00Uhr
(laut RA 8.00-17.00Uhr)
PAVIA
Casa Circondariale
Via Virgentina 85
27100 Pavia
Tel.:0382574702
Fax:0382574721
jeden Do+Fr 8.30-13.00Uhr
Tag der Besuchserlaubnis richtet sich nach dem Anfangsbuchstaben
des Nachnamen
VOGHERA
Casa circondariale Voghera
Viaprati nuovi 7
27058 Voghera
Tel.:03 832122 22
Fax:03 833 675 70
(officina di matricola)
jeden Mo, Mi,Fr+Sa
9.00-13.30Uhr
ALESSANDRIA
nuova casa di reclusione allesandria
san michele , strada stradale 31
15040 Alessandria
Tel.:0131361781
Fax:0131361785
Faxe gehen rein
Di,Do,Fr+Sa 9.00-13.00Uhr
Vorwürfe:
Extrem viele Gefangene haben bis vor kurzem wenig bis gar keinen Kontakt
mit Anwaelten oder sonstwem gehabt und meistens auch von den gegen sie
erhobenen Vorwuerfen nichts gewusst, u.a. wurden die vorgeschriebenen Dolmetscher
gar nicht erst bereitgestellt.
Nicht zuletzt aufgrund des Mangels an guten, engagierten Anwaelten,
zuvieler Missverstaendnisse und der unmoeglichen Situation, dass ein Haufen
von etwa 6-7 voellig ueberlasteten Anwaelten, die bisher alle umsonst gearbeitet
haben und sich alleine um die 49 Gefangenen und mind.221 Ermittlungsverfahren
kuemmern muessen, gab es kaum uebersichtlichen Strukturen mehr, die ein
Abdecken der Inhaftierten garantiert haette.
Die Vorwuerfe, die den Gefangenen gemacht werden (allen Gefangenen
werden nicht alle Paragraphenvorgeworfen) fallen unter die italienische
Mafia- und Terrorismusgesetzgebung und haben somit ein sehr hohes Strafmass.
Den Gefangenen wird die "Bildung einer kriminellen Vereinigung" vorgeworfen.
Nach Paragraph 416 bedeutet das:
Wenn drei oder mehr Personen sich treffen, um mehrere Verbrechen
zu begehen und dafuer eine Vereinigung leiten, organisieren und strukturieren,
Strafe: 3 bis 7 Jahre Haft / diejenigen, die nur an dieser Vereinigiung
teilnehmen, Strafe: 1 bis 5 Jahre Haft /
Wenn diese Personen Waffen bei sich tragen (in oeffentlichen Strassen
oder auf dem Land) werden sie mit 5 bis 15 Jahren Haft bestraft.
Die Strafe erhoeht sich, wenn es sich um mehr als 10 Personen handelt.
Ausserdem gibt es noch den Vorwurf der "Pluenderung und Zerstoerung".
Paragraph 419:
Jede Person, die Pluenderungs- und Zerstoerungsaktionen organisiert
oder leitet wird mit 8 bis maximal 15 Jahren Haft bestraft.
Diese Strafe erhoeht sich wenn es sich bei dem gepluenderten/zerstoerten
Ort um einen Aufbewahrungsort fuer Waffen, Munition oder wichtige Versorgungsgueter
handelt.
Sowie den Vorwurf "Anschlag auf Anlagen, die dem oeffentlichen Nutzen
dienen".
Paragraphen 420:
Beschaedigung und Zerstoerung, 1-4 Jahre;
Daten, Telekommunikation, Programme: 3-8 Jahre
Was laeuft an Soli-Aktionen in Italien:
Mittwoch vor einer Woche
gab es in Alessandria vor dem Knast eine lautstarke Solikundgebung mit
etwa 100 Leuten, von der die Gefangenen auch sehr angetan waren- zumindest
die,von denen wir wissen. Am Samstag gab es vor Marassi eine Knastkundgebung
mit Musik und Redebeitraegen. Es waren zwar nur wenig Leute da (etwa 50),
aber trotzdem ging es immerhin ueber zwei Stunden und war ziemlich laut.
Es gibt hier in Italien trotz Ferienzeit Gruppen, die sich sehr intensiv
um die Gefangenen kuemmern, ihnen Geld, Klamotten, Lebensmittel, Briefe
und und und zukommen lassen. Mehr Aktionen sind geplant und am 20. August
ist ja auch der Global Action Day!!!
Haftpruefungstermine:
Bei den Haftpruefungsterminen haben wir im Moment keinen Ueberblick,
weil die sich staendig aendern oder sich verschieben. Ausserdem ist oft
nicht klar, ob die angegebenen Termine Haftpruefungstermine sind oder die
Termine, an denen die Anwaelte ihre Unterlagen fuer den zweiten Haftpruefungstermin
einreichen muessen.
Die meisten sind aber am 8.8., dann wird sich hoffentlich mehr entscheiden.
Was sonst noch getan werden kann:
Ihr koennt Protestfaxe an die italienische Regierung schicken. Sofortige
Freilassung der (G8)-Gefangenen!!!
Portavoce Camera: 0039 06 679 14 07
Coordinamento della communicazione: 0039 677 938 64/5
(Regierung Berlusconi)
Ministerien:
Giustizia/Justiz: 0039 06 688 91 493
Interni/Inneres: 0039 06 465 95 99
Difesa/Verteidigung: 0039 06 488 57 56
Ausserdem: Wir ziehen um, zurueck zum Ort des Geschehens, nach
Genua. Deshalb sind wir erstmal nicht unter der bisherigen Festnetznummer
zu erreichen.
Aber es gibt Ersatz: Wir haben eine neue Nummer: 0039 338 639 18 58