Im folgenden findet ihr die Presseerklärung der Berliner UnterstützerInnengruppe für die Pressekonferenz am Dienstag, 14.8. sorry dass die erst so spät kommt.
Die Ö-Gruppe der UnterstützerInnen
Berlin, den 14.08.01
Presseerklärung zur Situation der in Genua immer noch inhaftierten Deutschen
In Italien sitzt noch eine Gruppe von 10 Deutschen im Gefängnis, die während und nach ihrer Festnahme äußerst brutal behandelt bzw. mißhandelt wurde und denen anhand von wahrscheinlich gefälschten Beweisen und völlig unzureichenden Indizien jetzt eine rechtsstaatswidrige Verurteilung droht. Wenn die italienische Staatsanwaltschaft mit ihrem Konstrukt Erfolg hat, sind für die Leute lange Haftstrafen zu befürchten. Daher machen wir hier nochmals den Versuch eine größere Öffentlichkeit insbesondere über die Medien für diesen schlimmen Fall zu sensibilisieren. Die enthaltenen Informationen zu den Vorfällen und der Siuation der Gefangenen haben wir aus Besuchsgesprächen und Briefen der Gefangenen.
1) zur Verhaftungssituation
Am Abend des 23.7. wurde die Gruppe ca. 20km
außerhalb von Genua von der Polizei durchsucht
und daraufhin verhaftet. Zuvor wurde das Auto
bereits zweimal von Polizisten durchsucht, ohne
daß es dabei Probleme gab. Bei der Verhaftung
verhielten die Polizisten sich äußerst aggressiv
und schlugen eine Person mit einem
Radmutterschlüssel. Sofort nach dem Eintreffen
auf dem Polizeirevier wurde angefangen die
Festgenommenen zu schlagen und zu treten. Dabei
wurden sie mit für sie unverständlichen
italienischen Befehlen angeschrien, zu Boden
geworfen und zusammengetreten. Anschließend
mußten sie sich ausziehen und wurden erfolglos
auf eventuelle Verletzungen durchsucht, die von
Auseinandersetzungen mit der Polizei auf
Demonstrationen herrühren könnten. Nach dem
Anziehen wurden sie für weitere 3 Stunden massiv
mißhandelt Trotz deutlich sichtbarer
Verletzungen und hörbarer Schmerzen wurden sie
von insgesamt zwanzig Polizisten mit wechseinder
Besetzung immer wieder verprügelt Sie mußten
sich auf den Boden hocken, wurden beschimpft,
mußten Polizisten Stiefel küssen, wurden mit den
Köpfen gegen Wände geschlagen, es wurde
Hundekommando "gespielt" und Polizisten stellten
sich auf ihre Hüften und quetschten sie. Auch
nachdem sie in eine Zelle gesperrt wurden,
wurden sie weiter verbal attackiert, angespuckt
und ausgelacht.
Schließlich erfuhren sie die erlogenen Gründe
für ihre Verhaftung: bei der Verhaftung
weggerannt. Widerstand gegen die Staatsgewalt
und Verletzung eines Polizisten bei der
Verhaftung. Als Beweis für die angeblichen
Auseinandersetzungen bei der Verhaftung werden
die während der Mißhandlungen entstandenen
Verletzungen angeführt. Nach mehr als sieben
Stunden Mißhandlungen durch die Polizei wurden
sie gegen 5 Uhr morgens unter weiteren Schlägen
ins Gefängnis transportiert.
2) zu den derzeitigen Haftbedingungen
Die Haftbedingungen denen die Gefangenen
ausgesetzt sind, sind sehr unterschiedlich.
Die Frauen in Pontedecimo haben 5 Std pro Tag
Hofgang und sitzen zu 4 bzw. zu 3 in einer
Zelle, während die Haftbedingungen im
Männergefängnis Marassi sehr schlecht sind.
Die Männer dort sitzen zu 9 in einer 20m2 großen
Zelle. Obwohl ihnen eine Stunde Hofgang
pro Tag laut Gefängnisordnung zusteht, haben sie
oft nur alle zwei Tage ca. 20min Hofgang.
Diesen müssen sie regelmäßig isoliert von den
anderen Gefangenen verbringen.
Ebenso das Duschen: Aus denen ihnen zustehenden
2min Duschzeit pro Tag werden oft ca.
10 Sekunden gemacht
3) das Anklagekonstrukt und deren Beweismittel
Den Gefangenen wird als Straftat Mitgliedschaft
in der kriminellen Vereinigung "schwarzer
Block" vorgeworfen.
Zunächst ist es völlig abwegig einen sogenannten
"schwarzen Block" als juristisch greifbare
Vereinigung zu behandeln, da es sich hierbei um
völlig ungeplante und nichtorganisierte
Menschenaufläufe handelt, die in keiner Weise
die notwendigen Strukturen für eine
Vereinigung im juristischen Sinne aufweisen.
Abgesehen davon ist auch die Beweisführung der
italienischen Staatsanwaltschaft, mit der sie
die Verhafteten als Mitglieder dieser
angeblichen Vereinigung überführen will völlig
unzureichend. Hauptbeweismittel sind insgesamt
20 dunkle Kapuzenpullover, die in den Autos der
zehn Leute gefunden wurden, sowie diverse
Campingausrüstungs- und Autoreparaturwerkzeuge.
Nach diesen Beweisen wäre so ziemlich jeder gut
ausgerüstete autofahrende Camper Mitglied des
"schwarzen Blocks".
Schließlich ist auch zweifelhaft, ob tatsächlich
alle als Beweismittel angeführten Gegenstände aus den durchsuchten Autos stammen. So erzählen einige der
Gefangenen. daß sie aus Angst vor weiteren Mißhandlungen am Mittwoch, dem 25.7.
im Gefängnis mehrere italienische Papiere unterschrieben unter denen sich auch
eine Liste der beschlagnahmten Gegenstände befand. Auch Heidi Lippmann,
Bundestagsabgeordnete der PDS, berichtet im "Neuen Deutschland" vom 4./5.
August, daß in Genua einigen Gefangenen falsche Beweise zugeschoben wurden.
4) Bewertung
Nach den bisherigen Vorkommnissen haben wir die Befürchtung, daß die Gefangenen
hier für die italienischen Behörden als Bauernopfer benutzt werden, um doch
noch Verantwortliche für die Ausschreitungen in Genua präsentieren zu können.
Schließlich ist die Polizei in den Tagen und Wochen nach dem G8-Gipfel
erheblich in die öffentliche Kritik geraten, da sie den "schwarzen Block" am
Freitag, den 20.7. kaum aufhielt. Schon im Vorfeld wurde versucht. Julia S. aus
Benin als gewalttätige Terroristin zu kriminalisieren. Sie wurde tagelang
inhaftiert und mußte dann freigelassen werden, da es für die Vorwürfe keinerlei
Anhaltspunkte gab. Ähnlich ist der Einsatz in der Diaz-Schule in der Nacht zum
22.7. zu bewerten, als die Polizei das Gebäude stürmte, alle sich darin
Aufhaltenden schwer mißhandelte und festnahm. Auch hier mußten alle
freigelassen werden, da es keinerlei Anhaltspunkte für Straftaten gab. Wir bef
ürchten, daß die italienische Justiz sich nicht nocheinmal so blamieren will
und jetzt die letzte Chance Verantwortliche zu finden ohne Rücksicht auf die
Wahrheit nutzen will.
5) zum Schluß
Wir hoffen durch die heutige Pressekonferenz
dazu beizutragen, daß dem Fall der hier
angeklagten 10 Leute in der Presse eine größere
Präsenz zuteil wird. damit dadurch der Druck auf
alle Einfluß habenden italienischen und
deutschen staatlichen Stellen wächst, sich hier
wenigstens an die rechtstaatlichen
Mindestanforderungen zu halten. Ergebnis dessen
kann bei eingehender Betrachtung des Falles nur
die sofortige Freilassung der Inhaftierten sein.
Kontakt: presse.genua@uni.de