Apartheid-Connection im Bundeshaus
[TA] - J
Von Bruno Vanoni, Bern
Die Antwort des Bundesrates in der heutigen Fragestunde ist absehbar.
Nein, wird wohl VBS-Chef
Samuel Schmid der grünen St. Galler Nationalrätin Pia Hollenstein
antworten. Nein, in der neuesten
VBS-Untersuchung zu den Beziehungen des Nachrichtendienstes mit dem
einstigen Apartheid-Regime
werde kein Kontakt zu den heutigen Behörden Südafrikas aufgenommen.
Eine Befragung
südafrikanischer Akteure sei ebenso wenig geplant wie ein Gesuch
um Akteneinsicht in Südafrika.
Schmids Informationschef Oswald Sigg jedenfalls hat letzte Woche auf
Anfrage bekräftigt, dass
VBS-Referent Peter Stuber seine Befragungen auf heutige und frühere
Mitarbeiter des
Nachrichtendienstes konzentriert. Falls nötig, könnten die
Abklärungen Ende Oktober allerdings erweitert
werden. Einstweilen habe das VBS zur Kenntnis genommen, dass der südafrikanische
Militärarzt Wouter
Basson alias "Dr. Tod" laut Radio DRS zu Aussagen in der Schweiz bereit
sei. Der in Südafrika
angeklagte Giftmischer des Apartheid-Regimes hat sein Angebot allerdings
an die rechtsstaatlich
inakzeptable Bedingung geknüpft, dass er in der Schweiz nicht
ins Gefängnis müsse.
Mit Armee-Helis bedient?
Vor dem Gericht in Pretoria hat Basson, der wegen vielfachen Mordes,
Drogen- und Betrugsdelikten
angeklagt ist, mittlerweile weitere Einzelheiten zu seinen Schweizer
Aktivitäten ausgebreitet. So hat er
laut Radio DRS ausgesagt, der verstorbene Schweizer Waffenhändler
und Milizoffizier Jürg Jacomet habe
ihm den Weg zum Schweizer Nachrichtendienst-Chef Peter Regli geebnet,
"wann immer wir spezifische
Bedürfnisse hatten". Und dann habe "alles geklappt". So hätten
Basson und Polizeigeneral Lothar
Neethling in der Schweiz jeweils Helikopter der Luftwaffe benutzen
können.
Was unglaublich tönt, kann laut Insidern weder ausgeschlossen noch
rekonstruiert werden. Denn hohe
Schweizer Militärs wie Regli hätten Anspruch auf gewisse
Flugstunden und müssten keine Rechenschaft
über ihre Nutzung ablegen. Divisionär Regli, der für
den "Tages-Anzeiger" nicht zu sprechen ist, hat
bisher stets beteuert, Basson und Neethling nur einmal im Bundeshaus
getroffen zu haben. Basson
selber hat diese Aussage gegenüber Radio DRS "merkwürdig"
genannt, da er Regli stets korrekt und
angenehm erlebt habe.
Libyen und den Irak beliefert
Das unabhängige Konfliktforschungszentrum CCR hat im Internet
mittlerweile weitere Prozessaussagen
zu Bassons Aktivitäten in der Schweiz zugänglich gemacht.
So will er sich Anfang der 90er-Jahre in Basel
mit Exponenten einer internationalen B- und C-Waffen-Mafia getroffen
haben, die Libyen bei der
Beschaffung von Massenvernichtungsmitteln helfen wollte. Und wieder
hat er den Basler Pharmazeuten
David Chu belastet, der ihm als Chef der Tarnfirma Medchem Chemikalien
beschafft und über eine
Liechtensteiner Bank Geld gewaschen haben soll.
Erneut hat Basson auf eine rätselhafte MAIS Corporation hingewiesen,
über die russische Wissenschafter
via Basel und Zürich gefährliche Substanzen für B- und
C-Waffen absetzen sollen (TA vom 27. 8.). Laut
dem neuesten CCR-Prozessreport hat Basson "Schweizer, Deutsche, Briten
und Amerikaner"
beschuldigt, Schlüsselrollen beim Aufbau irakischer B- und C-Waffen-Kapazitäten
gespielt zu haben. Der
Staatsanwalt hat ihm allerdings öfters vorgeworfen, er wolle mit
erfundenen Lügengeschichten bloss
seine kriminellen Absichten und persönliche Bereicherungsversuche
verschleiern.
Parlamentariergruppe wird aktiv
So oder so wird der Basson-Prozess zu reden geben, wenn die parlamentarische
Gruppe "Beziehungen
Schweiz - Südafrika" diesen Mittwoch zusammenkommt. Ihr gehören
30 National- und Ständeräte aus
fünf Fraktionen an, die an einer Klärung der Beziehungen
zum Apartheid-Regime interessiert sind.
Kopräsidentin Pia Hollenstein hat neben einer Information über
die eingeleiteten Nationalfonds-Studien
zu den Schweizer Apartheid-Connections auch den "Handlungsbedarf" im
Fall Regli traktandiert.