"Spirit of Davos" gesucht [TA] - n
Von Hannes Nussbaumer
Am 4. Februar wird WEF-Präsident Klaus Schwab das Geheimnis lüften:
Wo findet das WEF 2003 statt?
Bund und Kanton Graubünden möchten das Forum nach Davos zurückholen.
Für die
WEF-Verantwortlichen ein denkbares Modell - sofern Bund und Kanton
die Sicherheit garantieren
können.
Der Bundesrat wird am Mittwoch über das Thema diskutieren. Bereits
bekannt ist, dass die kantonalen
Polizeikorps und die Zürcher Stadtpolizei den Bundesrat nach Möglichkeit
unterstützen wollen, falls das
WEF 2003 in Davos stattfindet (TA vom Samstag). Beantwortet ist die
Sicherheitsfrage damit freilich nicht.
Um die erneute Verbunkerung von Davos zu verhindern, schlug Peter Arbenz
der Bündner Regierung die
Entwicklung des "Spielfeld"-Szenarios vor. Dieses sollte eine Plattform
umfassen, die parallel zum WEF
den Dialog von Globalisierungskritikern, Behörden und weiteren
Teilnehmern ermöglichen sollte. Ihr
Name: "Spirit of Davos".
Konzept unbekannt
"Diese Plattform ist für uns ein ganz wichtiger Teil des Sicherheitskonzepts",
sagt Hans Häfliger,
Mitarbeiter von Staatssekretär David Syz. Syz betreut im Auftrag
von Bundesrat Couchepin das
WEF-Dossier. Die Diskussionsplattform werde, so hofft Häfliger,
"zur Entschärfung der konfliktiven
Situation" beitragen. Denn eine Wiederholung der letztjährigen
Vorfälle, so Häfliger, halte der Bundesrat
für "politisch nicht verkraftbar". Daraus lässt sich schliessen:
Wenn der Bundesrat die Verbunkerung von
Davos tatsächlich verhindern will und ihm die "Spirit of Davos"-Plattform
als das probate Mittel erscheint,
dann setzt das bundesrätliche Ja zum WEF ein überzeugendes
"Spirit of Davos"-Konzept voraus.
Von diesem Konzept sind allerdings nicht einmal die Umrisse bekannt.
Die federführende Bündner
Regierung verweist auf Projektleiter Arbenz. Dieser erwidert, nur die
Bündner Regierung sei befugt,
Auskunft zu erteilen. Und überhaupt: Vor der Bundesratssitzung
vom Mittwoch und vor der nächsten für
Ende Februar vorgesehenen Sitzung mit den Nichtregierungsorganisationen
(NGO) und anderen
potenziellen "Spirit of Davos"-Teilnehmern wolle er nicht informieren.
Immerhin ist von Arbenz zu erfahren:
An der Sitzung mit den NGOs werde er ein Aktionsprogramm zur Umsetzung
der "Spirit of
Davos"-Plattform vorschlagen. Dabei sollen auch Inhalt und Organisation
der Plattform definiert werden.
Offizielle Ergebnisse gab es bisher nur bei den Formalitäten. Der
Kanton Graubünden und die
Landschaft Davos werden sich an der "Spirit of Davos"-Trägerschaft
beteiligen. Das WEF wird sich - wie
von den NGOs postuliert - nicht beteiligen. Der Bundesrat entscheidet
am Mittwoch. Gewiss sei
ausserdem, so Arbenz, dass der "Spirit of Davos"-Prozess unabhängig
von der Rückkehr des WEF nach
Davos geführt werden soll. Damit wird eine wichtige Forderung
der NGOs akzeptiert. Diese wollen sich
keinesfalls als "Instrument" des Sicherheitsdispositivs missbraucht
sehen. Hinge die "Spirit of
Davos"-Durchführung von der WEF-Präsenz in Davos ab, vertiefte
sich der ohnehin latente Verdacht,
dass die behördliche Trägerschaft die Plattform nur der erhofften
deeskalierenden Wirkung wegen fördert.
Peter Arbenz sieht der weiteren "Spirit of Davos"-Arbeit mit Zuversicht
entgegen. Doch bei den
involvierten NGOs und Parteien überwiegt die Skepsis. Sie hatten
sich am 4. Dezember mit Arbenz zu
einer Aussprache getroffen. Das Protokoll dokumentiert einen rudimentären
Stand der Konzeptarbeit. "Im
Vordergrund steht der Prozess, zusammen mit den an gewaltfreier Auseinandersetzung
Interessierten
Möglichkeiten zu erarbeiten, um in Davos gleichzeitig oder auch
zeitverschoben zum WEF dem Recht
nach freier Meinungsbildung und -äusserung nachzuleben", referierte
Arbenz. Was seither geschehen
sei, wisse er nicht, sagt Matthias Herfeldt von der Erklärung
von Bern (EvB). "Ich habe nichts mehr
gehört."
Nachdem auch der Einladung für die Sitzung von Ende Februar keine
Informationen beigelegt waren,
sandte Pro-Natura-Vertreterin Miriam Behrens namens der Veranstalter
des WEF-Gegenkongresses "The
Public Eye on Davos" einen Brief an Arbenz. Falls die "Spirit"-Idee
"inhaltlich weiterentwickelt worden sei",
bitte sie zwecks Sitzungsvorbereitung um die entsprechenden Unterlagen.
"Sollten bis zur Sitzung von
Ihrer Seite keine inhaltlichen Vorstellungen zum "Spirit of Davos"
vorliegen, bitten wir Sie, uns für die
kommende Sitzung zu entschuldigen." Miriam Behrens betont, dass Pro
Natura "nicht einfach Nein" sage
zur Plattform. Doch sie erwarte endlich eine inhaltliche Konkretisierung.
"Die Gefahr einer
Plattitüden-Veranstaltung ist gross. Und dazu sind wir nicht bereit."
Nachdem bereits das Oltner Bündnis
und Attac Schweiz der Plattform eine Absage erteilt haben, droht jetzt
der Rückzug einer weiteren und
dazu einer wichtigen NGO.
Fehlende Ernsthaftigkeit?
Der Ärger der NGOs hat weitere Gründe. So hätten die
Sitzungsteilnehmer am 4. Dezember mit
Nachdruck betont, dass die Plattform das behördliche Ziel - nämlich
die Befriedung von Davos - nicht
erreichen könne. Es werde, so Behrens, trotz "Spirit of Davos"
zu Demonstrationen und Ausschreitungen
kommen. Dieser Punkt sei im Protokoll nur am Rand erwähnt.
Zudem kritisieren Behrens und der Bündner SP-Präsident Peter
Peyer die Auswahl der eingeladenen
NGOs. Wichtige NGOs wie Greenpeace, WWF oder die Gewerkschaften seien
vergessen gegangen.
Peyer lassen solche Pannen an der Ernsthaftigkeit der "Spirit of Davos"-Promotoren
zweifeln. Das
fehlerhafte Protokoll hat seine Zweifel noch verstärkt. Er finde
es "merkwürdig", so Peyer, wenn ein hoch
dotiertes Expertenteam im Protokoll vermerke, es sei ihm nicht gelungen,
einen Vertreter der Reitschule
Bern einzuladen, weil "Frau Detti" nicht zu erreichen gewesen sei.
Kein Wunder: "Frau Detti" ist ein Mann
und heisst David "Detti" Böhner.