gipfelinfo 22.6.2002
öffentlicher rundbrief der infogruppe [berlin]
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- LÜGEN-KAMPAGNE ÜBER DEN GIULIANI MORD
- AKTIONEN TROTZ REPRESSION - FREITAG IN SEVILLA
- SPANIEN: GENERALSTREIK UND MASSENDEMONSTRATIONEN

LÜGEN-KAMPAGNE ÜBER DEN GIULIANI MORD
anm: folgender text ist eine uebersetzung aus dem
italienischen
Nach einigen Monaten des Schweigens erleben wir
derzeit einen neuen "Enthüllungs"-Boom über den
Mord an Carlo Giuliani. Mit einer Mischung aus
Unterstellungen, Fakten, Indiskretionen,
recherchierten oder total unglaubwürdigen
Informationen soll bei denen, die diesen
Informationsfluss nur passiv konsumieren, der
Eindruck erzeugt werden, dass es sich bei dem Mord
vom 20. Juli 2001 um einen "akzeptablen",
"normalen", "notwendigen" Vorfall gehandelt hat.

Seit dem 3. Juni kursiert eine Agenturmeldung, die
im Wesentlichen aus augenschenlichen
Ungenauigkeiten und Fragmenten unveröffentlichter
Gutachten und Einzelteilen vorhergehender und somit
obsoleter Gutachten besteht; diese Meldung wird
ständig von Zeitungen und Fernsehnachrichten
verbreitet und soll wieder einmal die Version
bestätigen, welche von höchster staatlicher Seite
bereits wenige Minuten nach Carlo Giulianis Tod
vorgegeben wurde: es gibt keine Schuldigen an
seinem Tod, es handelt sich um einen unerfreulichen
Unfall, das betont auch der mutmassliche Täter
immer wieder in Interviews.

Einmal mehr springt ins Auge, wie die Vierte Macht
im Staate Italien eine zentrale Rolle bei der
Meinungsbildung spielt und für eine breite
Unterstützung der Handlungen unserer Regierungen
sorgt.

Vielleicht wird auch niemand für Carlos Tod
bezahlen.

Es ist unbedingt notwendig mit der direkten
Informationsarbeit von unten weiterzumachen, um
weiterhin auf einer Wahrheit zu bestehen, gegen die
kein "mediales Gewitter" etwas ausrichten kann:
Carlo Giuliani wurde vom Staat
ermordet, wie es auch sein Vater deutlich
ausspricht.

13 Giugno 2002

[www.sherwood.it/piazzalimonda]

SPANIEN: GENERALSTREIK UND MASSENDEMONSTRATIONEN
LEITEN PROTESTE GEGEN EU-GIPFEL
[Generalstreik]
Einen Tag vor Beginn des EU-Gipfels in Sevilla fand
am 20. Juni ein überaus erfolgreicher Generalstreik
statt, mit dem gegen die neoliberale
Umstrukturierung der spanischen Arbeitsgesetzgebung
protestiert wurde. Die meisten Fabriken standen
still, der öffentliche Verkehr, die öffentlichen
Dienstleistungen und die Verwaltung waren
lahmgelegt. Die Zahl derer, die auf der Straße
waren, ging in die Millionen. Allein in Madrid und
Barcelona waren es je 400.000 bis 500.000. Die
anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CNT und CGT
hatten hierbei enorm großen Anteil. Weiterhin wurden
auf Strassen Barrikaden errichtet, mehrere Flughäfen
blockiert usw.. Die spanische Regierung reagierte
mit einer Doppelstrategie: öffentlich wurde der
Streik kleingeredet, vor Ort wurde versucht, den
Streik gewaltsam zu brechen. Durch Angriffe der
Polizei auf Streikposten und Demonstartionen wurden
hunderte Menschen teils schwer verletzt. Einen Tag
zuvor fand im Baskenland ebenfalls ein Generalstreik
statt. Auch dieser wurde von massiven
Demonstrationen begleitet. Der letzte Generalstreik
in Spanien war 1994. In Lissabon (Portugal)
demonstrierten gestern 50.000 Menschen gegen die
Regierung und die von ihr vorangetriebenen
Privatisierungen.
In den deutschen Medien wurden der Generalstreik
meist nur im Zusammenhang mit Einschränkungen für
Touristen genannt, dabei wurde häufig die Behauptung
der spanischen Regierung übernommen, daß der Streik
ein Flop gewesen sei. Über die Demonstrationen wurde
kaum berichtet, einige Zeitungen schrieben von
eingen Hundert Teilnehmenden.

[Proteste gegen den EU-Gipfel]
Heute beginnt in Sevilla zum Abschluss der
Ratspräsidentschaft Spaniens der Gipfel der EU-
Regierungschefs. Themen sind unter anderem "Asyl und
Einwanderung" -aus diesem Grund besetzten vor
einigen Wochen die Sans Papiers eine Universität in
Sevilla- sowie Bildungs-, Sozial- und
Grundrechteabbau. Nach Sevilla mobilisieren
Studierende, Gewerkschaften und verschiedenste
gesellschaftliche Gruppen. Demonstrationen und
andere Aktionen finden bereits seit Wochen statt.
Ein Gegengipfel findet ebenso statt.
[...]
--> Auf Indy.UK finden sich neueste Nachrichten und
Breaking News in englischer Sprache.

[indymedia.de, von einige von vielen - 21.06.2002
05:17]

AKTIONEN TROTZ REPRESSION - BILDER+ÜBERBLICK VOM
FREITAG IN SEVILLA
Nach den landesweiten Massendemonstrationen in
Spanien, an denen am Donnerstag weit mehr als 1
Million Menschen teilnahmen war der Freitag der Tag
der Versammlung sozialer Bewegungen "Sozialforum
Sevilla". Ausserdem sollten zahlreiche Aktionen und
mehrere Demonstrationen - darunter eine
Studentendemo - stattfinden.
Die Polizei versuchte die Proteste im Keim zu
ersticken, es wurde nicht einmal der Versuch
unternommen, das alles auch nur rechtsstaatlich
aussehen zu lassen. In der Nacht gab weitere
Razzien, Räumungen, Verhaftungen und Misshandlungen.
Immer wieder kam es im Laufe des Tages in der
belagerten Stadt Sevilla zu brutalen Übergriffen
seitens der Polizei und zu Verhaftungen. Einige
Aktionen, wie die Global Zoo-Aktion konnte nicht
stattfinden. Zig Tausend Menschen wurden nicht nach
Spanien oder Sevilla gelassen. Allein an der Grenze
von Portugal zu Spanien wurden 2000 aufgehalten.

Brutale Übergiffe fanden am Freitag überall in
Spanien statt.
Dennoch gelang es es immer wieder Aktionen und
kleinere Demonstrationen an denen mehrere hundert
bis mehrere tausend Menschen teilnahmen,
durchzuziehen:
Gegen Mittag fand eine Aktion, die sich "paraiso
fiscal" nannte statt, bei der Rechnungen gewaschen
wurden. Zur selben Zeit versammelten sich 150 bis
200 Leute für "the abolition of the external debt"
am Plaza San Francisco. Nicht weit entfernt laufen
einige Nackte durch die Gegend, die ihre Genitalien
mit jeweils einem Buchstaben bedeckt haben ("Against
the Europe of Capital"). Dies ist fast die einzige
Aktion, die in deutschen Medien, die sonst die
Proteste totgeschwiegen haben, erwähnt wurde. In der
San Salvador - Gegend (heisst das so?) haben einige
Leute ein antimilitaristisches Puzzle entworfen. Das
4 mal 3 Meter große Werk sagt: "the military
expenses for social uses schools, day-care centers,
work and hospitals " - hier nehmen insgesamt 300
Menschen teil.
Viele andere Aktionen können nicht durchgeführt
werden, da die Polizei Ansammlungen sofort
zerstreut, wobei es immer wieder zu Misshandlungen
kommt. Sehr viele Aktivisten wurden erst gar nicht
nach Sevilla gelassen. Vor einem Jahr wäre das noch
ein Skandal gewesen, wie überhaupt die gesamte
Strategie der Regierung, die an finsterste Franco-
Zeiten erinnert.
Am frühen Abend gibt es den Versuch, eine RTS
durchzuführen, zu der die "Anarquists against
Capital" aufgerufen haben. Es schaffen aber nur etwa
50 Menschen auf dem Platz zu bleiben. Zur selben
Zeit gibt es eine feministische Demonstrationen, an
der 500 Frauen teilnehmen. Gruppen sind hier u.a.:
Women Against War, Women in Black und die Frauen-
Gruppe des Sevilla Social Forum. Ebenfalls zur
selben Zeit schafften es etwa 100 Menschen gegen
sozialen Ausschluss zu demonstrieren. Aufgerufen
hatte hier die anarchosyndikalistische Gewerkschaft
CGT. "Europe Against Capitalism" stand auf dem
Leittransparent. Diese Demo wird immer wieder
angehalten und provoziert.
Gegen 20.00 schafft es doch noch eine RTS mit Samba-
Band und mehr zu starten. Zur selben Zeit beginnt
die Studentendemo, an der etwa 1500 Menschen
teilnehmen. Die Demo wird von 30 Polizei-Vans
eingekreist, dennoch kann der Kessel durchbrochen
werden. Auf dem Leittransparent der Demonstration
steht: "With an education system that is public and
of quality another world is possible", eine Parole,
die gerufen wurde war: "we are students, not
terrorists". Zu diesem Zeitpunkt ist es unmöglich,
noch irgendwie in die Innenstadt von Sevilla zu
gelangen. Später vereinigt sich die Studentendemo
mit den Anarchisten und einer Demo von
Umweltschützern.
Am späten Abend konnte dann noch ein kostenloses
Konzert stattfinden.
Das Wichtigste an diesem Tag war wohl, daß es trotz
des Versuchs, jegliche Meinungsäusserung zu
unterdrücken, geschafft wurde, inhaltliche Kritik
sichtbar zu machen.

Heute wird die Abschlussdemonstration stattfinden,
die wieder sehr groß werden wird. Die faschistoide
Linie, die die spanische Regierung (natürlich mit
Absprache und Unterstützung der anderen Regierungen
in der EU) fährt, lässt einiges befürchten.

[indymedia.de, von Wer? - 22.06.2002 04:45]

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