gipfelinfo 19.7.2002
  öffentlicher rundbrief der infogruppe [berlin]
  ----------------------------------------------

  - DAS GENUA SYNDROM
  - APPELL GENUA SOCIAL FORUM
  - UND CARLO? HAIDI GAGGIO GIULIANI
  - AACHEN: GEDENKEN AN GENUA/ CARLO
  - KUNDGEBUNG, DIA-SHOW UND PLATZUMBENENNUNG IN GÖTTINGEN
  - CARLO GIULIANI - FILM UND DISKUSSION IN MÜNCHEN
 

  DAS GENUA SYNDROM

  Der Tage des G8 wird u.a. auch erinnert wegen der 6200 Tränengasgeschosse,
  die innerhalb von 48 Stunden auf Genueser und Demonstranten abgefeuert wurden.
  Zum größten Teil waren es Geschosse mit CS-Gas. Dieses Gas, eine chemische
  Kriegswaffe, erzeugt -so belegen Studien- genetische Ver­änderungen wie
  clastogenetische Effekte (Veränderung der chromosomenstruktur), aneugenetische
  Effekte (Veränderung der Chromosomenzahl), genotoxische Effekte (Veränderungen in
  der Substruktur der Chromosomen). Das bedeutet, dass sie eines der
  elementarsten Menschenrechte verletzen, das der Gesundheit.

  Das Gas hat tatsächlich bei Demonstranten, Bürgern der Stadt und
  Ordnungskräften unheilbare Schäden angerichtet. Es verstößt somit gegen die
  diesbezüglichen internen Vorschriften und die internationalen Konventionen. Es reicht
  daran zu erinnern, dass der Gebrauch von CS-Gas im Genfer Protokoll von 1925 als
  Mittel der kriegerischen Auseinandersetzung verboten wurde. Dennoch wird es
  von den Staaten zum Zwecke der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in
  der halben Welt gegen die eigenen Bürger angewandt. Das Legal Forum ist in
  den vergangenen Monaten zahlreichen Hinweisen über die schwerwiegenden
  toxischen Effekte nachgegangen. Ihm zur Seite stand ein Pool von Chemikern und
  Ärzten. Es präsentierte am 15. Juli 2002 der Staatsanwaltschaft der Republik Genua
  ein diesbezügliches Dossier mit Dutzenden Zeugenaussagen und Anzeigen wegen
  schwerer Körperverletzung von Demonstranten, Angehörigen der Ordnungskräfte
  und Ärzten. Über Kontakte des GLF zu amerikanischen, helvetischen und
  belgischen Rechts­studienprojekten, werden in den nächsten Monaten analoge Initiativen
  auch in anderen europäischen und nordamerikanischen Staaten unternommen. Die
  italienische Rechtsinitiative wird somit zum Leading Case auf den Bezug
  genommen wird.

  Alle, die Hinweise über eventuelle Störungen geben können, die durch das Gas
  während der Genua Tage hervorgerufen wurde, werden gebeten, sich zu melden
  bei: Genua Legal Forum, Telefon 0039-010-2461413 oder auch per email:
  info@genoalegalforum.org

  Homepage: http://www.melle.at
 

  APPELL DES GENUA SOCIAL FORUM
  Er wurde von hunderten Organisationen, Social Foren und Netzwerken
  unterzeichnet.

  Genua - unsere Gründe

  Wir, die im Juli des vergangenen Jahres, die ungewöhnliche und reiche
  Erfahrung des Genua Social Forum ins Leben gerufen haben, richten einen Appell an
  alle und besonders an diejenigen, die nach Genua kamen, um ihren Dissens gegen
  die Regierung dieses Planeten und ihre Politik des Todes, gegen die G8,
  kundzutun. Alle, die sich auf die Arbeitsplattform stellten, die dem Genua Social
  Forum seinen Ursprung gab und ebenfalls auf die Absichtserklärung des GSF,
  weder Personen noch Sachen Schaden zuzufügen, sahen ihr Recht, frei
  demonstrieren zu können, verwehrt und erlitten eine Repression, die ohne Beispiel in
  der Geschichte der italienischen Republik war. Wir wenden uns an alle Frauen
  und Männer, die, wenn sie auch nicht zugegen sein konnten, dennoch mit ihrem
  Herzen bei uns sind. Wir wenden uns an all diejenigen, die das große Signal
  dieser Tage vernommen haben: an die Armen, die sich wieder zu Wort meldeten, an
  die letzten, die sich nach Genua aufmachten, an die neue Generation, welche
  die Bedeutung der politischen Auseinandersetzung erkannt hat. Wir wenden uns
  auch an die, welche sich zufällig in Genua befanden und erst danach die
  Bedeutung der Ereignisse erkannt haben.

  Wir wenden uns an die Regisseure, welche die farbenprächtigen
  Demonstrationen gefilmt haben, an die Journalisten, welche sich der organisierten
  Desinformation zur Wehr setzten und ihren Beruf ausübten, an die Frauen und Männer aus
  der Kultur, welche die Tragik der Ereignisse wahrgenommen haben. Sie legten
  einen hartnäckigen Willen an den Tag, zu diskutieren wie diese riesige Torte,
  gerecht verteilt wird und die Welt verändert werden kann. Dies teilten sie
  mit allen Menschen, die nach Genua gekommen sind. Wir wollen die Vorschläge
  wieder aufnehmen, die im Public Forum der Eröffnung des G8-Gipfels
  vorausgegangen sind. Deshalb bitten wir Euch, ein Jahr danach, nach Genua zurückzukehren,
  am 19., 20., 21. Juli, um der Welt das zu sagen, was die Repression
  unterdrücken wollte.

  Und hier unsere Gründe:

  Ihr seid die G8, wir 6 Milliarden: Was gestern wahr war, ist es heute umso
  mehr. Die wenigen Maßnahmen, zu denen sich die acht reichsten Länder der Welt
  im Kampf gegen die Armut verpflichteten, sind tote Buchstaben geblieben. In
  diesem Jahr haben sich die acht widerrechtlich Regierenden des Planeten,
  erneuter Verbrechen gegen die Menschheit schuldig gemacht. Daraus ergab sich noch
  deutlicher, dass ihre Modalitäten der Macht weitere gewaltige Kriege
  hervorrufen, welche die Zivilbevölkerungen miteinbeziehen. Die Vernichtung durch
  Hunger und Krankheiten, die heilbar wären, fehlender Zugang zu Trinkwasser,
  inhumane Ausbeutung der Arbeitskraft, Verschmutzung der Biosphäre und die
  Vergiftung der Meere sind ungebremst vorangeschritten. Das alles wird inszeniert, um
  einer Gruppe transnationaler Konzerne den höchsten Profit zu garantieren.
  Diese Konzerne halten in ihren Händen Reichtümer, welche die
  Bruttoinlandprodukte (PIL) ganzer Staaten übertreffen.

  Von den acht reichsten Staaten ist ein sozialer, ökonomischer und
  militärischer Krieg gegen die gesamte Menschheit erklärt worden. Es ist ein Krieg, der
  mit der Waffe der Schulden und der Strukturmaßnahmen tötet, durch die
  Kontrolle am intellektuellen Eigentum seitens der Multinationalen und durch die
  Zerstörung auch der geringsten sozialen Gesetzgebung, welche sich der wilden und
  freien Expansion des Marktes in den Weg stellt. Es ist ein Krieg, der durch
  ein bisher nie dagewesenes Wachstum der Militärausgaben tötet, mit der
  Konstruktion neuer Todessysteme wie das Weltraumschutzschild. Es ist ein Krieg, den
  sie uns als permanent angesagt haben, den sie als Regulator der Diktatur des
  Marktes wollen, mit dem sie versuchen jegliche Rezession zu überwinden und
  die Maschine der Ungerechtigkeit auf Hochtouren zum Laufen zu bringen. Zu
  dieser Art Krieg gesellen sich die "kleinen" Kriege, die weiterhin zu unzähliger
  Trauer unter den Bevölkerungen führt.

  Die Mächtigen, eingeschlossen in ihrer roten Zone, zusammen mit ihrer
  Privatarmee von der Welt isoliert, hatten vor den dreihunderttausend in Genua Angst
  gehabt. Sie fürchteten, dass der Wurm von Seattle, sich so tief
  festgefressen hat, dass er den steinernen Konsens, den sie so sehr brauchen, zum Wanken
  bringt. Deshalb entschieden sie sich für die Repression.

  Genua wurde an Körper und Seele vergewaltigt und das Blut einer seiner Söhne
  vergossen, das von Carlo Giuliani. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass
  unser Schmerz auch zum Schmerz weiter Teile der Menschheit wurde, dass der Name
  Carlo und Genua über Ozeane und Berge vordrang. Sie erreichten sanft die
  Ohren von Bäuerinnen/Bauern, Arbeiterinnen/Arbeitern, Studentinnen/Studenten,
  Arbeitslosen, Wohnungslosen, Landlosen, Hoffnungslosen. Sie erzählten ihnen,
  dass die Geschichte der Welt noch nicht wirklich abgeschlossen ist und dass
  ihre Schicksale erneut niedergeschrieben werden können mit der Tinte aus
  sozialer Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden.

  Kehren wir ein Jahr danach nach Genua zurück. Treffen wir die Genueser
  wieder, in erster Linie die, welche uns mit Sympathie und in der Anteilnahme für
  unsere Ideale aufgenommen haben. Sie taten dies aus Zivilcourage und
  Beharrlichkeit, trotz einer besessenen Kampagne der Einschüchterungen. Doch treffen
  wir auch die, die von einer einschüchternden Propaganda dazu gebracht wurden,
  wegzubleiben. Treffen wir die, die sich dazu entschieden, weil sie verstanden,
  dass innerhalb, hinter den Absperrungen die Gewalt lauerte und nicht
  begriffen, dass hier eine Bewegung von tausenden Menschen wuchs, die sich für eine
  bessere Welt auf den Plätzen versammelte. Treffen wir uns wieder, um ein Genua
  zu entdecken, das frei ist von Zäunen, Absperrungen und Kontrollposten.
  Setzen wir die Betrachtungen fort, die in Italien und in der Welt in tausend
  Initiativen weiterentwickelt wurden.

  Treffen wir uns, um über unsere Zukunft zu diskutieren, über die Möglichkeit
  einer realen Alternative zur neoliberalen Globalisierung. Treffen wir uns
  zum radikalen Meinungsaustausch, der ins Zentrum seiner Betrachtungen
  Ausbildung und Schule für alle stellt, der Produktionen und Stile des Lebens
  reflektiert. Beginnen wie beim Überdenken der Konsumgewohnheiten, der Weigerung
  gentechnisch veränderte Lebensmittel zu verbrauchen und der Bevorzugung des
  biologischen Anbaus und setzen wir die Diskussion mit einer radikalen und
  unaufschiebbaren Betrachtung der Produktionsbeziehungen fort. Unterstützen und
  verstärken wir alle Kampagnen wie die gegen die Abänderung des Gesetzes über die
  Produktion und den Handel mit Waffen, oder die zum Boykott der Markenfirmen
  aufrufen, die sich schwerer Verletzungen der Rechte und der Zerstörung des
  Ökosystems schuldig machen. Unterstützen wir die zur Verteidigung und Erweiterung
  des Arbeiterstatuts, des Kampfes gegen jede Form prekärer Arbeitsverhältnisse,
  sowie die zur Bestätigung der zivilisatorischen Prinzipien und der
  Gerechtigkeit, welche durch das Fini-Bossi Gesetz über Einwanderung verletzt werden.
  Unterstützen wir die Kampagnen zur Transparenz der Gewinne, der
  Nahrungssicherheit, die zur Beendigung des Irakembargos, die gegen die Nato und die, welche
  zur Verteidung und Aufwertung des öffentlichen Schulsystems geführt wird.

  Kehren wir nach Genua zurück, weil unsere Gründe nach wie vor vorhanden
  sind. Sie sind noch mehr Anlass zur Bewegung.

  Homepage: http://www.megraphics.de
  [von Genoa Legal Forum/Übersetzung Günter Melle - indymedia.de 17.07.2002
  23:18]
 

  UND CARLO?
  Haidi Gaggio Giuliani, Auszüge aus Rivoluzione, Monatszeitschrift der
  Zeitung Liberazione von Rifondazione Comunista

  Großvater starb vor mehr als zwanzig Jahren, als meine Kinder noch klein
  waren. ,,Ein wenig von ihm lebt in allen von euch", sagte ich zu ihnen, ,,gebt
  darauf gut acht!" An die Piazza Alimonda, trug Beatrice mit ihren langen
  blonden Haaren am 20. Januar ein Transparent mit der Aufschrift: Carlo lebt!
  Einige Zeit später, etwas weniger als einen Monat haben wir ergänzt: CON EDO, mit
  Edo. Edo und Carlo, sie gingen zusammen aufs Lizeum, rauchten heimlich die
  ersten Zigaretten, da waren die Tischtennisspiele, die Versammlungen, die
  Demonstrationen wegen der Schule. Der erste war hochgeschossen und mager, der
  zweite klein und immer in Bewegung.

  Nein, sie leben nicht mehr und ich habe keine Kinder mehr, denen ich Märchen
  erzählen könnte. Edo ging von uns im Schlaf durch eine Myocarditis. Und
  Carlo? Es ist fast ein Jahr vergangen - dreihundertdreiundneunzig Tage ohne ihn.
  Ein Gefühl der unendlichen Müdigkeit befällt mich, wenn ich an die Tage
  denke, die noch vor mir liegen. Mit Antonello Marrone, zuerst Journalist dann
  Freund (wie es mit vielen wunderbaren Menschen geschah, die ich dank meines
  Sohnes kennenlernte), habe ich gerade diese Zeit wieder durchlaufen, habe sie wie
  bei einem Atemstillstand erlebt. Da war die Solidarität der Genossen und so
  vieler unbekannter Leute, da waren die Untersuchungen, die Photo- und
  Filmrecherchen, die Dokumente und Zeugenaussagen, die Berichte der Zeitungen, des
  Fernsehens und die Ohnmacht angesichts einer Mauer der Desinformation . Da war
  die Notwendigkeit die Dinge zu erklären wie sie wirklich waren, waren die
  Bücher, die Theateraufführungen, die von ihm handelten, die Gründung eines
  Komitees, die Vorbereitung einer CD mit Liedern für Carlo. Wie bei einem
  Atemstillstand sagte ich deshalb, weil die Tage und Nächte angefüllt sind mit
  Aktivitäten und wenn du anhältst, das einatmen von Schmerz unerträglich wird.

  Eine Freundin sagte zu mir: ,,Weißt du, dass ich vor kurzem einen blonden
  Jungen mit einem Barett gesehen habe...", und sie erzählte dies und das, dabei
  habe ich einen Stich im Herzen gespürt. Nein, ich erkenne sein Barett unter
  tausenden und werde nie diesen Schauer einer Illusion erleben, dass er
  inmitten einer Gruppe Jugendlicher stünde. Jedoch die Jungen und Mädchen seines
  Alters, diese zukünftigen jungen Frauen und Männer haben für mich - eine
  pensionierte Lehrerin, die nur in Kinder verliebt ist - eine besondere Bedeutung
  gewonnen. Ich habe in diesen Monaten viele von ihnen kennengelernt, so viele und
  so unterschiedliche Jugendliche. An der Piazza Alimonda waren die
  hartnäckigsten von ihnen anzutreffen. Es waren die, die sich hinsetzten und die auch die
  ganze Nacht dort mit einer Flasche Bier blieben, um ,,mit ihm zusammen einen
  Joint zu rauchen". Es waren die, die unsere hochanständige Gesellschaft
  nicht einmal sehen will. Sie haben Pearcing, Tätowierungen und einige von ihnen
  verkehren im Sert (Servizio Tossicodipendenza, kommunale Betreuungsstelle für
  Drogenabhängige, d.R.). Es sind Jugendliche, die ein großes Herz besitzen,
  den Kopf voller Poesie haben und oftmals eine Welpe an ihrer Seite. Sie sind
  sehr sensibel, sprechen dich vielleicht mit ,,Sie" an oder getrauen sich nicht
  zu sprechen. Ich erinnere mich an andere Jugendliche, eine ganze Generation
  potentieller Contestatori (Mitstreiter), die von einem anwachsenden und
  blühendem Markt schwerer Drogen zum Schweigen verurteilt sind. Wer hat gewollt,
  dass sie nicht zur Kenntnis genommen werden?

  Die glücklichsten, die viel Zeit in Versammlungen voller Rauch verbringen,
  sind ohne Zweifel, die in Parteien und Bewegungen politisch ,,engagierten"
  (was für ein häßliches Wort, doch ich finde kein anderes) Jugendlichen und die,
  die freiwillig in sozialen Einrichtungen arbeiten. Sie beklagen eine
  unvollständige, unreife Demokratie und versuchen diesen Abgrund von Ungerechtigkeit
  zu überbrücken. Wer könnte ihre Stelle ersetzen?

  Ich stehe mit der Religion nicht auf vertrautem Fuß, denn ich bin Atheistin.
  Ich habe jedoch in der Schule gelernt, mit Gläubigen zusammenzuarbeiten, die
  den Mut hatten, sich ebenso wie ich als Kommunistin, angesichts der realen
  Probleme in die Diskussion einzuschalten. Ich habe sie geachtet, so wie ich
  heute großen Respekt vor den Jugendlichen habe, die ihren Glauben in den Dienst
  an der Welt stellen. Wer besitzt die Arroganz ihre großartige Bereitschaft
  schlecht zu machen, die sich auf den Glauben als ein Instrument der Stärke und
  des Kampfes gegen diese Gesellschaft bezieht.

  Mit den ,,etwas braungefärbteren" habe ich schon seit langer Zeit
  solidarische Beziehungen. Seit langer Zeit leide ich auch, wenn ich sie an einer
  Straßenecke stehend treffe, weit weg von ihren Familien und gedemütigt. Das
  Lächeln, das sie mir schenken erwärmt mein Herz und ich kann nicht umhin, zu fragen:
  Wer hat sie gezwungen ihr Land zu verlassen, einigen von ihnen die Wurzeln
  entzogen, weil sie gezwungen sind Körper und Seele zu prostituieren? Sie
  halten sich in der Bar auf, wenn es draußen kalt ist oder sie stehen draußen um
  die geldfressenden Parkautmaten herum, diskutieren über das letzte Fußballspiel
  - die Gruppe ist überwiegend männlich, auch in diesem Teil Europas des
  dritten Jahrtausends. Nun, da der Sommer zurückkehrt, reicht eine Bank um
  zusammenzutreffen, wenn man Lust hat mit Freunden zu reden, zusammen zu sein und das
  Spiel der Gitarre zu hören, eine Handtrommel zu maltraitieren oder einfach
  Zeit zu verlieren. Warum auch nicht: Es ist so herrlich in Gesellschaft zu
  sein.

  Alle jugendlichen Konsumatoren könnten unsere Kinder sein. Es gibt keine
  Plätze, wo sie hingehen können, ohne Geld auszugeben. Warum? Wer hat die Plätze
  der Stadt gestohlen? Wer hat die Kultur, den Sinn für Musik, Kunst und
  Schönheit gestohlen?

  Dann gibt es da noch die anderen. Ich gestehe, dass ich sie nicht liebe,
  doch komme ich nicht umhin, sie zu betrachten: Sie scheinen wie Klonen von
  Reklame und Fernsehserien, verurteilt sich schön zu finden und sich vor dem
  Spiegel zu gefallen. Ihr Handy ist immer funktionsbereit, die Kleidung auf dem
  neuesten Stand, die Schultasche ein Markenartikel, das Haar richtig geschnitten,
  genauso wie ihr Lächeln. Ich weiß, dass sie als Kinder ebenfalls ein großes
  Potential und eine hungrige Seele besaßen. Wer hat sie zu einer Sicht der Welt
  verurteilt, die so kleinlich und egozentrisch ist und soviele kleinliche
  Ideale besitzt.

  Ich habe soviele Jugendliche kennengelernt, sagte ich. Ich habe sie in dem
  düsteren Licht der Sozialzentren getroffen, auf der Bühne einiger Theater, in
  der katholischen Gemeinde San Benedetto, bei den freien Radiosendern. Ich
  sehe sie noch genau, die strahlenden, freundlichen und mutigen Gesichter der
  Jugend­lichen vom Forum Sociale Antimafia in Palermo, in dieser so schwierigen
  und schönen Stadt. Wer bestimmt, dass mit den mafiosen Aktivitäten gelebt
  werden muss?

  Und so viele andere habe ich in den langen Nächten der Nachforschungen auf
  den Photografien, Filmen, Seiten der Bücher mit ihren Zeugenaussagen
  getroffen. Es waren Jugendliche, die nach Genua kamen, um ihr Nein zur Ausbeutung und
  Krieg zu sagen, ihr Nein zu der großen Barbarei des Marktes, der inhumanen
  Logik der Finanzwelt. Es waren Jugendliche, verletzt an Leib und Seele.

  Wer hat die Gewalt angeordnet?
  Wer hat versucht, sie ihrer Träume zu berauben?
  Wer fälscht, vertuscht, wer zerstört Wahrheit und Gerechtkeit?

  Wer hat den Mord von Carlo beschlossen?
 

  Homepage: http://www.megraphics.de
  [Übersetzung Günter Melle - indymedia.de 16.07.2002 21:58]
 

  AACHEN: GEDENKEN AN GENUA/ CARLO
  Samstag, 20.07.02
  ab 21 Uhr
  Aachen Markt
  Gedenkkundgebung zum Todestag von Carlo
  In Gedenken an Carlo
  Unter anderem werden Filme gezeigt & Infomaterial verteilt.

  [Autonome Gruppen Aachen - indymedia.de 17.07.2002 08:54]
 

  DISKUSSION UM NAMENSGEBUNG FÜR DEN BAHNHOFSVORPLATZ
  AUTONOME ANTIFA [M]: "PIAZZA CARLO GIULIANI"

  Presseerklärung 13. Juli 2002

  Die Autonome Antifa [M] wird in der kommenden Woche die Diskussion um die
  Namensgebung für den Göttinger Bahnhofsvorplatz erneut aufgreifen. Die
  Antifagruppe ruft für Samstag, den 20. Juli 2002 zu einer Kundgebung auf, während der
  der Bahnhofsvorplatz in "Piazza Carlo Giuliani" umbenannt werden soll.

  Anlass ist der erste Jahrestag der militanten Massenproteste gegen das
  G8-Treffen vom 19. bis 21. Juli 2001 in Genua und die Erschießung Carlo Giulianis
  durch die italienische Polizei. Zur Beteiligung an den Aktionen in Genua rief
  im vergangenen Jahr auch die Autonome Antifa [M] auf, zahlreiche
  Göttingerinnen und Göttinger gingen in Genua auf die Straße. "Die Polizeikugeln, die
  unseren Genossen Carlo Giuliani in Genua getötet haben, hätten auch viele von
  uns treffen können." erläuterte eine Sprecherin der Gruppe ihre Motivation für
  die Platzumbenennung.

  Mit der Initiative für die Umbenennung des Bahnhofsvorplatzes in "Piazza
  Carlo Giuliano" will die Autonome Antifa [M] die Erinnerung an die Todesumstände
  des italienischen Demonstranten in die Öffentlichkeit tragen. Nachdem einen
  Monat zuvor bereits am Rande des EU-Gipfels im schwedischen Götheborg die
  Polizei in eine protestierende Menschenmenge schoss und dabei auch einen
  deutschen Jugendlichen schwer verletzte, bekundete Bundeskanzler Schröder sein
  Verständnis für dieses Vorgehen der schwedischen Sicherheitskräfte. An die Adresse
  der militanten GipfelgegnerInnen richtete er die unverhohlenen Drohung diese
  "müssen die Konsequenzen ihres Verhaltens zu spüren bekommen." Ein
  angekündigter Mord also, der am 20. Juli 2001 in Genua von der italienischen Polizei
  verübt wurde. Die offizielle Lesart, der junge Polizist habe in Notwehr aus
  seinem Fahrzeug geschossen, wird schon bei der Einsichtnahme der zahlreichen
  Bild- und Augenzeugendokumente absurd. "Die Todesschüsse eingeordnet in die
  hemmungslose Polizeibrutalität und die Folterungen in den italienischen
  Gefängnissen, sind Teil einer Eskalationsstrategie gegenüber der europäischen
  Antiglobalisierungsbewegung." bewertet die Autonome Antifa [M] die Ereignisse.

  Innerhalb dieser europäischen Entwicklung unliebsame KritikerInnen
  einzusperren, schwer zu verletzen, zu foltern oder gar zu erschießen drängt die
  Initiative "Piazza Carlo Giuliani" auf eine deutliche Positionierung: Für
  Solidarität mit den Opfern der Staatsgewalt und für die Weiterentwicklung des
  internationalen Widerstandes gegen den neoliberalen Kapitalismus!

  Autonome Antifa [M]

  KUNDGEBUNG, DIA-SHOW UND PLATZUMBENENNUNG ZUM GENUA JAHRESTAG AM 20. JULI
  2002

  Presseerklärung 17. Juli 2002

  Anlässlich des Jahrestages der militanten Massenproteste gegen den G8-Gipfel
  in Genua und des Todes des italienischen Demonstranten Carlo Giuliani, ruft
  die Autonome Antifa [M] für Samstag, den 20. Juli 2002, ab 22.00 Uhr zu einer
  Kundgebung auf dem Göttinger Bahnhofsplatz auf.

  "Mit der Kundgebung wollen wir die Diskussion um die Erfahrungen und
  Perspektiven der Antiglobalisierungsbewegung neu beleben", erklärte eine Sprecherin
  der Antifa [M]. Auf einer großen Leinwand werde man dazu zahlreiche der
  eindrücklichen Bilder des letztjährigen "summer of resistance" öffentlich
  vorführen. Im Spätherbst 2002 befinden sich die NATO-Tagung in Prag und der EU-Gipfel
  in Kopenhagen auf dem Protestprogramm der europäischen Linken. "Wir stehen
  in den Startlöchern, um an die erfolgreichen Mobilisierungen der Vergangenheit
  anzuknüpfen", skizzierte die Göttinger Antifagruppe ihre Planungen.

  Teil der Kundgebung am kommenden Samstag wird auch die Umbenennung des
  Göttinger Bahnhofsplatzes in "Piazza Carlo Giuliani" sein. Der 23-jährige Carlo
  Giuliani wurde am 20. Juli 2001 von einem italienischen Polizisten aus nächster
  Nähe in den Kopf geschossen und anschließend von einem Polizei-Landrover
  überrollt. "Notwehr" lautet die offizielle Erklärung. Carlo Giuliani habe das
  Fahrzeug der Carabinieri mit einem Feuerlöscher angegriffen. "Ein politischer
  Mord!" hält die Autonome Antifa [M] dem entgegen: "Die Todesschüsse von Genua
  sind Teil einer staatlichen Eskalationsstrategie gegenüber der europäischen
  Antiglobalisierungsbewegung." Mit der Umbenennung des Göttinger
  Bahnhofsplatzes in "Piazza Carlo Giuliani" wolle man an die Umstände des Todes des jungen
  Demonstranten erinnern und zugleich Solidarität mit den Opfern der
  Staatsgewalt zeigen.

  Für Rückfragen und weitergehende Informationen stehen wir gerne zur
  Verfügung.

  Autonome Antifa [M]

  erreichbar über:
  Telefon 05 51/7 70 48 89 - Fax 05 51/7 70 43 62
  e-mail: aam@mail.nadir.org - http://www.puk.de/aam

  CARLO GIULIANI - ERMORDET VON DER POLIZEI AM 20.JULI 2001 IN GENUA
  Film und Diskussion in München
  Vor einem Jahr wurde unser Genosse Carlo Giuliani von der italienischen
  Polizei in Genua bei einer Demonstration gegen das Treffen der G-8 ermordet. Wie
  Photos beweisen, handelte es sich bei den tödlichen Schüssen um eine gezielte
  Exekution des 23 jährigen Jungkommunisten Carlo und nicht, wie von den
  regierungsnahen Medien behauptet, um Notwehr. Die Ermordung Carlos war der
  bisherige Höhepunkt staatlicher Repression gegen Kritiker und Gegner des
  herrschenden Weltwirtschaftssystems. Mit den Schüssen auf Carlo sollen alle Gegner der
  kapitalistischen und militärischen Globalisierung eingeschüchtert werden und
  der Widerstand gegen die internationalen Treffen der Reichen und Mächtigen
  zerschlagen werden. Tatsächlich waren die tödlichen Schüsse von Genua und die
  Prügelorgien gegen schlafende Demonstranten in der sogenannten Chilenischen
  Nacht nur der blutige Auftakt für einen rapiden Abbau demokratischer Grundrechte
  in ganz Europa. Seit den Terroranschlägen vom 11.September wurden die
  demokratischen Grundrechte unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung eingeschränkt.
  Insbesondere gegen Menschen aus islamischen Ländern wurde ein Generalverdacht
  ausgesprochen. Befreiungsorganisationen wie die palästinensische PFLP oder die
  kurdische PKK wurden von der EU auf die Liste terroristischer Organisationen
  gesetzt. Und die rot-grüne Münchner Stadtregierung hat im Februar 2002
  versucht, mit Tausenden von Polizisten, Wasserwerfern und Panzerwagen ein völliges
  Demonstrationsverbot gegen die NATO-Kriegstagung durch zu setzten. Dabei
  scheute die Polizei nicht einmal vor einer mehrstündigen Belagerung des Münchner
  Gewerkschaftshauses zurück.

  Anlässlich des Todestages von Carlo Giuliani zeigen wir am 25.Juli 2002
  einen Film und diskutieren anschließend mit Euch, wie wir gemeinsam gegen den
  Abbau demokratischer Grundrechte und gegen Staatsterror vorgehen können.

  Donnerstag 25.Juli 2002, 19 Uhr
  Film und Diskussion

  Linke Projekte, Gravelottestr. 6, III.Stock, München
  (Nähe Ostbahnhof/Pariser Platz)

  INFOGRUPPE BERLIN
  Die Berliner Gipfelsoli-Infogruppe ist hervorgegangen aus der Infogruppe der
  Genuagefangenen. Wir sind unter gipfelsoli@gmx.de zu erreichen. Wir haben
  einen Email-Verteiler angelegt, über den aktuelle Nachrichten zu Prozessen in
  Göteborg und Genua (und andere Aktivitäten wie z.B. die Mobilisierung zu EU-,
  G 8- oder Nato-Gipfeln oder internationalen Camps) verschickt werden.
  Die AutorInnen der Beiträge, so sie nicht von uns verfasst sind, sind mit
  eckigen Klammern versehen. Wir können leider nicht für die Richtigkeit der
  Beiträge garantieren.
  Wenn ihr in den Verteiler aufgenommen (oder gelöscht) werden wollt, schickt
  einfach eine Mail.